Stefan Corazolla - sein Ziel ist die Drite Liga. - Foto: Dirk WaidnerSTEFAN CORAZOLLA Rückraumspieler des Handball-Oberligisten HSG Rhein-Nahe spricht über Wünsche, seine neue sportliche Heimat und den schlechten Saisonstart

„Er ist ein guter, gelassener Typ. An ihm werden wir noch viel Freude haben“, sagt Trainer Konrad Bansa über Stefan Corazolla. Der halblinke Rückraumspieler strahlt derzeit mit Abstand die meiste Torgefahr beim Handball-Oberligisten HSG Rhein-Nahe Bingen aus. Entsprechend hoch ist die Verantwortung, die er mit erst 20 Jahren schon bei seinem neuen Verein trägt. Die AZ sprach mit dem Student der Wirtschaftswissenschaften über persönliche Ziele, seine neue sportliche Heimat und den schlechten Saisonstart der HSG.

Nach sechs Spielen steht die HSG mit 2:10 Punkten am Tabellenende. Ihre Rückkehr nach Bingen haben Sie sich vermutlich anders vorgestellt, oder?

Das kann man so sagen. Wir hatten zwar auch schon einige starke Gegner, gegen die man verlieren kann. Aber gerade wenn man gegen einen Aufsteiger die Punkte liegen lässt, tut das besonders weh.

Schon als A-Jugendlicher waren sie vom HSV Sobernheim nach Bingen gekommen, um mit der HSG in der Jugend-Bundesliga zu spielen. Doch die Qualifikation wurde verpasst und sie zogen nach Wiesbaden weiter, um sich ihren Traum von der JBLH zu erfüllen. Warum jetzt die Rückkehr ans Rhein-Nahe-Eck?

In Wiesbaden gab es Unruhen und einige gute Spieler haben den Verein verlassen. Die Binger waren dann die Ersten, die bei mir angefragt haben. Speziell mit Teammanager Joachim Doderer hatte ich sehr gute Gespräche. Der Wechsel nach Bingen war dann naheliegend, weil ich in Mainz wohne und bei der HSG noch einige Spieler von früher kannte. Außerdem ist Konrad ein sehr guter Trainer und es hat mich gereizt, mit ihm zu arbeiten.

Sie dürften mit 38 Saisontreffern in der Oberliga-Wertung ganz vorne dabei sein. Bislang erzielen Sie die meisten Tore aber aus der zweiten Welle oder Einzelaktionen. Wie kann ihre Wurfstärke noch besser ins Mannschaftsspiel eingebunden werden?

Ich denke, das braucht noch Zeit. Gerade Mittelmann Dominik Baucke habe ich vorher gar nicht gekannt, und da ist es normal, wenn das Zusammenspiel nicht gleich blind funktioniert. Aber in den letzten Spielen ist es schon besser geworden. Außerdem habe ich gar nichts dagegen, wenn das Spiel nicht auf mich fokussiert ist. Dann habe ich mehr Freiheiten und auch mehr Platz.

Sie haben eine gewaltige Beschleunigung im Arm. Wurde die Geschwindigkeit Ihres Wurfes schon einmal gemessen?

Nein, bisher nicht. Aber das wäre mal interessant (lacht). Das hat sich mit der Zeit so entwickelt, ein spezielles Training für einen harten Wurf habe ich jedenfalls nicht gemacht.

„Mit 20 Jahren darf man noch Fehler machen“, sagt Ihr Trainer. Was können Sie selbst tun, um deren Anzahl zu minimieren?

Gute Frage – wenn das so einfach zu beantworten wäre. Viele technische Fehler entstehen durch mangelnde Abstimmung. Wenn es bei den Kreuzbewegungen nicht passt, kommt der Ball eben anders, als man ihn gerne hätte und man greift mal daneben. Oder umgekehrt: Der Mitspieler läuft anders, als man es erwartet hat. Ich denke, wenn wir besser eingespielt sind, machen wir auch weniger Fehler.

Konrad Bansa sagt auch über Sie: „Er wird seinen Weg machen.“ Wie sollte der aus Ihrer Sicht aussehen?

Mein Ziel ist es schon, irgendwann mal in der Dritten Liga zu spielen. Wenn es höher geht, dann gerne auch höher. Aber Priorität haben Studium und die Arbeit, die darunter nicht leiden dürfen. Ich wäre jetzt nicht bereit, den Studienplatz zu wechseln, nur um bei einem höherklassigen Verein zu spielen.

In der Abwehr decken Sie auf der Halbposition, wären mit Ihrer Körpergröße aber auch ein Kandidat für den Mittelblock. Ist das alles eine Frage der Routine?

Ich hätte kein Problem damit, im Mittelblock zu decken. In Wiesbaden habe ich lange auf dieser Position gespielt. Aber in Bingen haben wir mit Marcel Trierweiler und Martin Schieke ein sehr starkes Gespann, das schon länger zusammenspielt und diese Aufgabe gut erfüllt. Es gibt keine Not, daran etwas zu ändern.

Wie kommt die HSG Rhein-Nahe wieder dauerhaft in die Erfolgsspur?

Wir haben erkannt, dass wir trotz der Niederlagen in den letzten zwei Auswärtsspielen gut gespielt haben. Das müssen wir mitnehmen und auch gegen vermeintlich schwächere Gegner auf den Platz bringen. Das Wichtigste ist, dass wir unseren Aufwärtstrend fortsetzen und gegen alle solche Leistungen abrufen. Dann holen wir auch wieder Punkte.

Das Interview führte Dirk Waidner.

IN VÖLKLINGEN SOLL ES MIT ZWEITEM SAISONSIEG KLAPPEN

Ihr drittes Auswärtsspiel in Folge bestreiten die Handballer der HSG Rhein-Nahe an diesem Samstag (19.30 Uhr) gegen die HSG Völklingen. Nach fünf Pleiten in Serie wollen die Binger ihren zweiten Saisonsieg ins Visier nehmen. In der Tabelle stehen die Völklinger mit 4:8 Punkten nur unwesentlich besser als die HSG (2:10).

Trainer Konrad Bansa sah in den zurückliegenden zwei Spielen bei Titelkandidaten schon eine Steigerung, die sich nun im Ergebnis niederschlagen soll. „Wir wollen unseren Trend nach oben fortsetzen und unsere ersten Punkte holen. Die Kunst wird es sein, die Form zu konservieren und diesmal in der Crunchtime die wichtigen Bälle reinzuwerfen.“ Bei Völklingen sind die beiden Haupttorschützen der letzten Saison nicht mehr dabei, was jedoch kein Anlass ist, die Gastgeber zu unterschätzen.

Spannend wird dabei die Frage, ob Völklingen mit seiner gewohnten 6:0-Abwehr agiert oder auf eine für die Binger unangenehme offensive Deckung wechselt. „Ich vermute, dass sie diese Option im Hinterkopf haben, sich aber erst einmal auf ihre Stärken konzentrieren. Wir arbeiten daran, uns auch gegen eine 3:2:1-Abwehr besser durchzusetzen. In Illtal hat das auch gut geklappt“, sagt Bansa.

Eine gewichtige Rolle kommt dabei Torjäger Stefan Corazolla (siehe Interview). „Er ist topfit und wie erhofft ein wichtiger Bestandteil der Mannschaft geworden“, sagt Bansa Auf einen weiteren Neuzugang müssen die Binger verzichten. Torwart Niklas Weißbrod fällt mit Kapselverletzung an der Hüfte für vier bis sechs Wochen aus und wird durch David Gallas ersetzt. Am Samstag dürfte jedoch Stammkeeper Karim Ketelaer wieder beginnen.

Quelle: Dirk Waidner, Allgemeine Zeitung Bingen - 14.10.2017