Seit drei Jahren bei der HSG Rhein-Nahe Bingen: Handballtrainer Konrad Banca. - Foto: Dirk WaidnerHandball-WM der Frauen

Mit dem Eröffnungsspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Kamerun begann gestern Abend die Handball-Weltmeisterschaft der Frauen, die zum dritten Mal nach 1965 und 1997 in Deutschland ausgetragen wird. Damit alle zuschauen können, ruht am Wochenende bundesweit der Spielbetrieb in allen Handball-Ligen. Nicht traurig über die Pause dürften die Oberliga-Herren der HSG Rhein-Nahe Bingen sein, die zuletzt einige Blessuren zu beklagen hatten und mit der Niederlage beim TV Offenbach einen Rückschlag einstecken mussten. Wir sprachen mit HSG-Trainer Konrad Bansa über die Entwicklung seiner Mannschaft, die Frauen-WM und seine persönlichen Zukunftsplanungen.

Handball-Deutschland steht still, weil die ganze Aufmerksamkeit dem ersten Wochenende der Frauen-Weltmeisterschaft gelten soll. Was halten Sie davon?

Wenn nach 20 Jahren in Deutschland mal wieder das zweitgrößte Handball-Event der Welt stattfindet, ist es richtig, die Veranstaltung und unsere Nationalmannschaft zu unterstützen. Die Kommunikation der Spieltagregelung ist unglücklich gelaufen und deshalb bei manchem falsch angekommen. Man hätte dies früher mit den Terminplänen verbreiten und erläutern können. Das Handball-Publikum besteht nunmal zum größten Teil aus Menschen, die selbst im Handball aktiv sind, und die sind normalerweise am Wochenende im Einsatz. Wenn diese Veranstaltung den Sport ein kleines bißchen populärer macht und die WM auch finanziell ein Erfolg wird, profitieren alle Handballer in Deutschland davon.

Sie sind selbst beim DHB beschäftigt als U-17-Nationaltrainer der Beachhandballer. Was trauen Sie ihrem Kollegen Michael Biegler mit seinen „Ladies“ zu?

Beagle hat das Team in einer schwierigen Situation übernommen und in der kurzen Zeit als Frauen-Bundestrainer tolle Arbeit geleistet. Bei der EM in Göteborg deutete sich vor einem Jahr schon an, dass die Ladies bei den Spitzenteams mithalten können. Das Halbfinale halte ich für möglich und dann mal sehen. Es ist spannend zu beobachten, ob die Mannschaft den Heimvorteil nutzen kann und wie der Druck sich auswirkt.

Warum wird der Beachhandball nach jahrelanger Missachtung jetzt wieder so stark vom DHB gefördert?

Beachhandball hat sich in den letzten Jahren enorm entwickelt und steuert auf die Olympischen Spiele zu. Es wurde erwartet, dass beim IOC-Kongress im September dazu eine Entscheidung fällt. Tatsächlich stand die aber gar nicht auf der Tagesordnung, sodass wir wohl erst 2019 erfahren, ob wir bei den Spielen 2024 in Paris dabei sind. Um dann aber international wettbewerbsfähig zu sein, will der DHB mittelfristig die Auswahlmannschaften entwickeln. Internationale Wettkämpfe auf diesem Weg sind im nächsten Jahr die Olympischen Jugendspiele in Buenos Aires - leider ohne deutsche Beteiligung -, die U18-EM in Montenegro, die Männer- und Frauen-Weltmeisterschaft in Russland sowie 2019 die Europameisterschaften in Italien und die World Games 2020 in den USA.

Strände sind abseits der Küste ja eher Mangelware. Wie kann der Sport auch in unserer Region stärker gefördert werden?

Es gibt mehr „Sandkisten“ - unter anderem auf dem Gelände der Binger Landesgartenschau - und Turniere als man denkt. Spontan fallen mir Mainz-Bretzenheim, Wiesbaden-Breckenheim, Frankfurt-Nied, Kelkheim und Mörfelden ein. Um Beachhandball als Wettkampfform zu fördern, müssten die internationalen Beachhandball-Regeln verbreitet und angewendet werden. Dies ist aber nicht von allen gewollt. Teile der Funktionäre haben kein Interesse die Beach-Variante zu fördern und stehen der Sportart kritisch gegenüber. Auf der anderen Seite sind die Turnierveranstalter und Teilnehmer der Spaß-Turniere, die mit eigenen oder alten Regeln spielen und ihre Gaudi-Variante nich verändern wollen.

Zur HSG - mit der durchleben Sie momentan ja ein Wechselbad der Gefühle. Schwere Verletzungen, ein schwacher Saisonstart, dann der Aufwärtstrend und jetzt wieder der Rückschlag mit der Niederlage in Offenbach. Warum kriegt die Mannschaft so schwer Konstanz in ihre Leistungen?

Rückblickend muss man sagen, dass die Mannschaft mehr Zeit brauchte um sich zu finden, als wir nach dem klaren Auftaktsieg gegen Kastellaun gedacht haben. Dieser hat den tatsächlichen Entwicklungsstand der Integration der neuen Spieler überstrahlt. Mit den Neuzugängen Stefan Corazolla und Dominik Baucke sowie den auf neuen Positionen eingesetzten Sebastian Diehl und Marcel Trierweiler wurde nach den Ausfällen von Max Grethen und Kai Diehl der komplette Rückraum umbesetzt. Dieses noch wacklige Gerüst ist dann bei Gegenwind eingestürzt. Das verlorene Selbstbewusstsein und Vertrauen in die Taktik und Nebenspieler musste im Training und in mehreren Spiele neu erarbeitet werden. Hinzu kehrten Nico Eichholtz und Tom Schmelzer in die Mannschaft und den regelmäßigen Trainingsbetrieb zurück. In Völklingen ist dann der Knoten geplatzt, seitdem halten wir uns ordentlich. Das letzte Spiel war leider wieder ein Ausreißer nach unten. Konstanz ist in den Amateur-Spielklassen das größte Problem, denn da gibt es viele Einflüsse, die man nicht oder wenig steuern kann.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, um die sportliche Situation der HSG langfristig zu verbessern. Wie würde der lauten?

Eine Trefferquote bei den Torwürfen von durchschnittlich 75 Prozent - um nicht zu vermessen zu sein.

Die rheinhessische Konkurrenz aus Saulheim und Worms ist für die nächste Saison auf Trainersuche. Kann die HSG mit ihrem Trainer auch über den Sommer hinaus planen?

Wir haben in den letzten Jahren immer nur um ein Jahr verlängert. Wir werden uns demnächst wieder zusammensetzen und darüber sprechen. Dann erfährt es auch die Öffentlichkeit.

Sie sind als EHF-Mastercoach einer der höchst qualifizierten Handball-Trainer in Deutschland. In Frankfurt waren Sie auch schon als Cheftrainer in der 2. und 3. Liga tätig. Warum arbeiten Sie nun für einen Oberliga-Verein, der zudem finanziell nicht unbedingt auf Rosen gebettet ist?

Das muss ich leider korrigieren, den EHF-Mastercoach werde ich erst im Januar vollenden. Aber warum bin ich in Bingen? Vor drei Jahren, als ich mich nach dem Engagement als Jugendkoordinator beim TuS N-Lübbecke beruflich neu orientierte, bin ich als Interimstorwart bei der HSG eingesprungen. Dies sollte von August bis Jahresende dauern. In dieser Zeit legte dann Rainer Sommer sein Traineramt nieder und ich wurde gefragt, ob ich helfen könnte. Erst ein paar Trainingseinheiten, dann Interimstrainer, dann Cheftrainer - und nun passt das seit drei Jahren für alle Beteiligten gut zusammen.

Sie haben zwischenzeitlich eine Umschulung zum Steuerfachangestellten gemacht. Wo sehen Sie in Zukunft ihren beruflichen Schwerpunkt? Im Handball oder im Steuerwesen?

Das ist eine schwierige Frage, auf die ich aktuell noch keine endgültige Antwort geben kann. Ich bin da hin- und hergerissen, denn auf beiden Feldern bin ich sehr motiviert und beides macht mir wirklich Spaß. Natürlich hätte ich Lust, auch im Handball noch mal zu schauen, was möglich ist. Andererseits liegen mir keine Angebote vor, und es ist auch nichts in Sicht. Zudem ist das im Handball immer auch eine unsichere Sache, während ich als Steuerfachangestellter jetzt solide aufgestellt bin. Auch auf diesem Gebiet kann ich mir noch mal eine Fortbildung vorstellen. Es ist noch nicht entschieden, wie es bei mir weitergeht - und davon hängt letzten Endes auch ab, ob ich bei der HSG weitermache.

Das Interview führte Dirk Waidner