Sturm 18102Textilprobe: Bingens Johannes Sturm (links), mit neun Toren bester HSG-Werfer, zerrt vehement am Trikot des Saulheimers Darren Weber. (Foto: Edgar Daudistel)Handball-Oberligist HSG Rhein-Nahe Bingen agiert zu passiv und verliert gegen die SG Saulheim 25:32.

Und wieder zischte einer dieser Turbo-Bälle von Patrick Weber ins Tor der HSG Rhein-Nahe Bingen. Siebenmal war das an diesem Abend in der Rundsporthalle der Fall. Ein Grund, weshalb der Handball-Oberligist das Rheinhessenderby gegen die SG Saulheim klar 25:32 (11:18) verlor.

Patrick Weber ist der herausragende Spieler im Team der Saulheimer. Er bringt Bundesliga-Erfahrung mit. Und eine gewaltige Wurfkraft. Mit Bällen dieser Wucht sei er noch nie konfrontiert gewesen, sagte HSG-Torhüter Luca Korbion. Er agierte in dieser Begegnung genauso glücklos wie sein Kollege Niklas Weißbrod.

Mitschuld daran trugen die Vorderleute, die sich viel zu passiv gegenüber den spielfreudigen Saulheimern verhielten. Freiwürfe waren in der Begegnung Raritäten, Zweiminuten-Strafen gab es gar keine. Romantiker sprachen von einem fairen Derby, Realisten vermissten Feuer und Leidenschaft.

Bringen hätte diese Komponenten zunächst die HSG Rhein-Nahe, die mit der sechsten Minute einem Rückstand hinterherrannte. Der betrug zur Halbzeit sieben Tore. Da stellte sich den Heim-Fans nur noch eine Frage: Schafft unsere Mannschaft noch eine Aufholjagd? Sie schaffte es nicht. Aber immerhin gab sie sich auch nicht auf, was nach dieser Schlappe ein kleiner Trost war.

Vermisst wurde der stämmige Henrik Walb, der bei den beiden Auftaktsiegen der HSG Rhein-Nahe gegen Völklingen und Vallendar herausgeragt hatte. Er musste verletzungsbedingt passen. Mit ihm hätte das Team von Markus Herberg womöglich mehr Präsenz gegen die körperlich überlegen wirkenden Saulheimer gezeigt. Schließlich wollen Zwei-Meter-Hünen wie Patrick Weber oder Chris Klee überlistet werden. Über Mittel und Wege dafür hätte seine Mannschaft verfügt, reflektiert HSG-Trainer Markus Herberg. Allerdings ließ sein Team an diesem Abend „alle Tugenden vermissen, die nötig sind, um ein solches Derby zu gewinnen“, sagte der Coach enttäuscht. In jeder Auszeit und in der Halbzeitpause hatte er Lösungswege aufgezeigt, um den Spielrhythmus der Gäste zu stören und andererseits die kompakte 6:0-Abwehr der SG aufzubrechen. Sein Team vermochte aber nicht, den Hebel umzulegen.

Stellenweise blitzte auf, warum der HSG Rhein-Nahe sogar Titelchancen eingeräumt werden. So wie beim 19:29 (49.) von Kreisläufer Lukas Schneider oder dem Treffer von Linksaußen Tim Michel. Beide Tore hätten einen Schönheitspreis verdient gehabt – von der Vorbereitung bis zur Vollendung. Dummerweise versemmelten die Angreifer aber auch die ein oder Möglichkeit, die mitunter spektakulär herausgearbeitet war. Eben das war der Unterschied zur SG Saulheim, die schnörkellos, aber effizient nach vorne spielte. Und die sich mit diesem Kantersieg wahrscheinlich den Kick holte, den Frust der vergangenen zwei Spieltage ad acta zu legen. Nach einem Remis bei der VTZ Saarpfalz und einer Niederlage gegen TuS Dansenberg II, dem nächsten Gegner der HSG Rhein-Nahe, gierte das Team um die Ex-Binger Julius und Manuel Werber nach einem Erfolgserlebnis. Dass es ihnen so einfach gemacht würde, das ahnte keiner im Vorfeld.

HSG Rhein-Nahe: Weißbrod, Korbion; Withöft (2), Michel (2), Baucke, Süngü (2), Lang (3), Sturm (9), Hochstetter, Woog (1), Diehl (2), Schneider (1), Michel (2), Juli (1).

Quelle: Martin Gebhard, Allgemeine Zeitung Bingen - 18.10.2021